WIR und das Virus
Zeitzeug*innen der Coronakrise
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Oldenburg – Montagmorgen
Mateo scrollt am Computer durch das I-serv seiner Schule. Die Aufgaben von drei Fächern sind schon online, ich kann das unruhige Klicken seiner Maus hören. Jetzt holt er ein Buch heraus, auf dem Umschlag steht groß „Mathe“, dann schlägt er eine Seite auf, öffnet am Computer ein Word Dokument und fängt an zu arbeiten. Sein Blick verharrt für einen Augenblick auf dem Bildschirm, dann geht es weiter. Immer wieder beobachte ich, wie sich der 12-jährige die geröteten Augen reibt.
„Das ist nach sechs Wochen schon Routine, morgens um halb acht stehe ich auf, dann frühstücken wir und später geht Mama ins Arbeitszimmer, Papa fährt zur Arbeit und Kai und ich gehen in unsere Zimmer“, erzählt mir Mateo per Videochat. Er berichtet weiter, dass er manchmal bis um fünf Uhr in seinem Zimmer am Computer arbeitet, nur zum Essen kommt er aus seinem Zimmer heraus. In manchen Fächern braucht er öfter Hilfe, als seine Mutter ihm helfen kann, dann muss er erst andere Fächer bearbeiteten. „Es fällt mir oft schwer, mich zu konzentrieren, und ich muss Texte mehrmals lesen, das braucht dann nochmal mehr Zeit.“ „Für mich“, erklärt er, „bedeutet Homeschooling viele Stunden am Tag vorm Computer zu sitzen und mit der Konzentration zu kämpfen.“ Ich frage ihn, ob er Tricks entwickelt hat, um bei Laune zu bleiben: „Natürlich ist es wichtig, es dem Corona-Virus möglichst schwer zu machen, deshalb ist Homeschooling eine gute Maßnahme und ich versuche mich den Umständen anzupassen, ich telefoniere zum Beispiel manchmal beim Arbeiten mit meinen Freunden. Die Klassenkonferenzen klären auch oft Fragen und wenn ich merke, dass es gerade sinnlos ist, weiter zu arbeiten, weil ich mich nicht mehr konzentrieren kann, gehe ich raus und spiele mit meinem Bruder Kai Volleyball. Ich freue mich auf den Frühling, dann wird das Wetter noch schöner und ich kann, wie im letzten Lockdown, draußen arbeiten.“ So verabschiede ich mich von Mateo.
So wie dem Sechstklässler geht es Millionen Kindern in Deutschland und für manche von ihnen ist es ganz normal. Die Kinder auf den Nordsee-Halligen arbeiten oft von zu Hause. Sie haben meistens eine private Lehrerin oder einen privaten Lehrer, der mit ihnen täglich telefoniert und der ihnen Aufgaben schickt. Diese Kinder leben jahrelang so, sie kommen damit zurecht und haben ihre Methoden, damit umzugehen. Doch mit anderen Kindern zu spielen und zu plaudern, vermissen wohl auch sie.
Millionen Kinder in Deutschland und der Welt lernen in der Pandemie im Homeschooling und manche von ihnen haben es nicht leicht, doch sie beweisen Ausdauer und hoffen auf das Licht am Ende des Tunnels.